Trotz aller vorgebrachten juristischen Bedenken ist die Urheberrechts-Richtlinie (Richtlinie EU 2019/790) nach der Zustimmung durch EU-Parlament und EU-Rat nach Verkündung im Amtsblatt der Europäischen Union mit Datum vom 17.05.2019 am 06.06.209 in Kraft getreten. Da es sich um eine Richtlinie und keine Verordnung handelt, sind die darin enthaltenen Bestimmungen jedoch derzeit noch nicht verbindlich. Doch das ändert sich, wenn die Einzelstaaten sie in das Recht ihres jeweiligen Landes umsetzen. Hierzu sind sie innerhalb von zwei Jahren ab Inkrafttreten der Richtlinie verpflichtet. Ansonsten müssen sie insbesondere mit Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU-Kommission rechnen.
Haftung der Plattformbetreiber für Urheberrechtsverletzungen Dritter
Für Betreiber von Plattformen ist dabei besonders die Bestimmung von Art. 17 dieser Richtlinie von Bedeutung (während des Gesetzgebungsverfahrens handelte es sich um Artikel 13). In dieser Vorschrift geht es darum, inwieweit sie für die Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer zur Verantwortung gezogen werden. Angeblich sollen dadurch Urheber geschützt werden. Die Bestimmung von Art. 17 der Urheberrechts-Richtlinie sieht vor, dass Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten in Form der öffentlichen Zugänglichmachung eigentlich die Erlaubnis des jeweiligen Rechteinhabers einholen müssen, was in der Praxis kaum möglich ist.
Sofern sie diese Erlaubnis nicht einholen bzw. nicht erhalten, sind sie für nicht erlaubte Handlungen in Form von Urheberrechtsverletzungen gem. Art. 17 Abs. 4 dieser Richtlinie normalerweise verantwortlich, ohne dass sie Kenntnis davon haben. Das gilt allerdings nicht, wenn der jeweilige Diensteanbieter „nach Maßgabe hoher branchenüblicher Standards für die berufliche Sorgfalt alle Anstrengungen unternommen hat, um sicherzustellen, dass bestimmte Werke und sonstige Schutzgegenstände, zu denen die Rechteinhaber den Anbietern dieser Dienste einschlägige und notwendige Informationen bereitgestellt haben, nicht verfügbar sind.“ Darüber hinaus muss er nach Erhalt eines hinreichend begründeten Hinweises von dem Rechteinhaber den jeweiligen Zugang unverzüglich sperren. Wenn er dieser Verpflichtungen zur Prüfung bereits beim Hochladen der Inhalte nicht nachkommt, muss er nach Umsetzung der Richtlinie mit denselben rechtlichen Konsequenzen wie der jeweilige Nutzer rechnen.
Müssen Uploadfilter eingesetzt werden?
In dieser Vorschrift ist zwar nicht ausdrücklich von Uploadfiltern die Rede, die Inhalte automatisch filtern. Diensteanbietern wird in der Praxis aber wohl keine eine andere Möglichkeit bleiben. Ansonsten müssten die Inhalte manuell auf Rechtsverletzungen überprüft werden, was allein schon aufgrund der Vielzahl der Inhalte und Nutzer nicht durchführbar ist.
Dabei stellt sich natürlich die Frage, welche „Anstrengungen“ der jeweilige Anbieter tätigen muss, um Urheberrechtsverletzungen durch die Nutzer zu vermeiden. Dies wird nicht hinreichend konkretisiert. Von daher besteht die Gefahr, dass Diensteanbieter Inhalte vorschnell sperren, um nicht etwa auf Unterlassung oder Schadensersatz vom Rechteinhaber in Anspruch genommen zu werden. Dessen ungeachtet besteht bei Uploadfiltern immer die erhebliche Gefahr, dass urheberrechtlich unbedenkliche Inhalte aus Versehen aussortiert werden. Je nach Anbieter besteht auch das Risiko, dass dies absichtlich geschieht. Durch diese Möglichkeit der verkappten Zensur wird die Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit des Art. 5 GG gefährdet.
Welche Plattformbetreiber von der EU-Urheberrechtsreform betroffen sind
Allerdings gelten diese Pflichten nicht für jeden Betreiber einer Plattform. Vielmehr muss es sich um einen Diensteanbieter im Sinne von Art. 2 Ziffer e der Urheberrechts-Richtlinie handeln. Hiernach muss es sich vor allem um eine kommerzielle Plattform handeln, die gewinnorientiert arbeitet. Demgegenüber sollen keine Anbieter von Diensten darunter zu verstehen sein, „die Anbieter von Diensten, etwa nicht gewinnorientierte Online-Enzyklopädien, nicht gewinnorientierte bildungsbezogene und wissenschaftliche Repositorien, Entwicklungs- und Weitergabeplattformen für quelloffene Software, Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste im Sinne der Richtlinie (EU) 2018/1972, Online-Marktplätze, zwischen Unternehmen erbrachte Cloud-Dienste sowie Cloud-Dienste, die ihren Nutzern das Hochladen von Inhalten für den Eigengebrauch ermöglichen“. Demnach fällt nur ein kleiner Teil der Plattformen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie definitiv heraus. In vielen Fällen wird unklar sein, ob die Betreiber gewinnorientiert arbeiten. Diese Unsicherheit besteht gerade für kleinere Plattformen.
Klage gegen EU-Urheberrechtsreform vor EuGH
Nach mehreren übereinstimmenden Medienberichten vom 24.05.2019 soll die polnische Regierung gegen die EU Urheberrechtsreform in Gestalt der Urheberrechts-Richtlinie (Richtlinie EU 2019/790) vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt haben. Denkbar wäre daher, dass diese Regelung daher für unwirksam erklärt wird. Fraglich ist allerdings, wie schnell dieses Gericht entscheidet